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Liebe Alle

Wann sind Sie das letzte Mal umgezogen? Und, blöde Frage: Wie viele Tage vor dem Umzug wussten Sie, wohin Sie zügeln?

Menschen in der Nothilfe sind regelmässig von «Transfers» betroffen. Wir möchten Ihnen hier davon berichten, wo die Menschen aktuell untergebracht werden und was das alles für sie bedeutet.

Von einem Tag zum anderen
Genau zwei Monate ist es her, dass die letzten Bewohnerinnen und Bewohner der (Familien-) Notunterkunft* in Adliswil ihre Sachen packen mussten. Wohin sie gehen müssen, erfuhren sie erst am Tag des Umzugs definitiv.

Immer wieder in der Kritik
Wegen einer ausgelaufenen Baubewilligung wurde die Unterkunft, die über die letzten Jahre immer wieder in der Kritik stand, geschlossen. Gewalt gegen Frauen und Familien, Ausschaffungen, desolate Infrastruktur – die Notunterkunft Adliswil gelangte zu wenig schmeichelhafter Berühmtheit. Mit der Kampagne «Unterkünfte ohne Not» schloss sich auch das Solinetz der Forderung an, die Unterkunft sei zu schliessen. Das ist nun geschehen.

Ein Erfolg also? Mitnichten!
Während einige der Bewohner:innen bereits im Frühjahr in einer Gemeindeunterkunft «untergebracht» wurden, kam im Sommer für alle Übriggebliebenen die grosse Ernüchterung: Die Familien mussten nach Hinteregg umziehen. Das Leben in der Notunterkunft Hinteregg war bereits vor den zusätzlichen «Transfers» aus Adliswil prekär. Die Unterkunft ist abgelegen, die Zimmer der Familien sehr klein, die Stimmung aufgrund der engen Platzverhältnisse angespannt.

Zusätzliche Isolation
Personen ohne Kinder wurden derweil nach Oberembrach in die Unterkunft Sonnenbühl «transferiert». Der Ort mag ein Paradies für Sonntagsausflügler:innen sein. Für die Personen in der Notunterkunft bedeutete der abgelegene Ort am Rande des Kantons Zürich zusätzliche Isolation und noch mehr Hindernisse, um etwa die Solinetz-Deutschkurse in Zürich zu besuchen. Während es in Adliswil immerhin eine kleine Zahl solidarischer Räume und Angebote gab, fehlen solche in Hinteregg und Oberembrach komplett.

"Manövriermasse"
Wer unerwünscht ist, dient den Behörden gerne als "Manövriermasse". Was das heisst, bekamen die Bewohner:innen des Sonnenbühl vor zwei Wochen zu spüren: Wieder flatterten «Transferanzeigen» ins Haus – ein paar Tage später mussten sie erneut ihre Sachen packen. Für die Frauen ging’s nach Hinteregg, die Männer mussten in die Notunterkünfte in Kemptthal oder Glattbrugg umziehen.

Böses Erwachen
Für die Bewohner:innen in Hinteregg gab es kurz danach ein böses Erwachen. Wegen eines Ausschaffungsversuchs von zwei Personen fuhr um 6 Uhr morgens die Polizei ein. Unangemeldet und ohne Vorwarnung durchsuchten über 10 Beamte sämtliche Zimmer und rissen die Menschen aus dem Schlaf. Sie hatten die Zimmerschlüssel. Für Personen (und gerade auch Kinder), die in ihrem Leben oft schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben, sind solche Ereignisse traumatisch.

Solinetz seit Jahren engagiert
Wir sind immer wieder entsetzt und empört über die Repression und Isolation, welche die Menschen im Nothilfesystem – oft über Jahre hinweg – erleben. Seit Jahren setzt sich das Solinetz für die grundlegenden Rechte dieser Menschen ein: für das Recht auf Bewegungsfreiheit, auf Privatsphäre und auf ein menschenwürdiges Leben – weil diese Rechte allen Menschen zustehen, unabhängig ihres Aufenthaltsstatus.

Wir lassen nicht locker
Bald lancieren wir zusammen mit Partnerorganisationen ein neues Projekt: "Kombi" ist ein Bildungs- und Tandemprojekt für abgewiesene Asylsuchende. Startschuss für das Crowdfunding ist der 1. Dezember – wir halten Sie auf dem Laufenden!

Herzlich für Ihr Interesse danken
Jenny Steiner und Hanna Gerig, Geschäftsleitung Solinetz

*Notunterkunft (NUK), im Behördenjargon «Rückkehrzentrum» (RKZ) genannt. Das Solinetz verwendet weiterhin den Begriff «Notunterkunft», da die Bezeichnung «Rückkehrzentrum» den falschen Eindruck erweckt, dass die Bewohner:innen die Schweiz bald verlassen würden.


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Unterschreiben!

Das Schweizer Parlament hat entschieden, die Europäische Grenzschutzagentur Frontex mit 61 Millionen Franken jährlich zu stärken. Frontex schottet Europa gewaltvoll ab und macht Flucht und Migration unsicherer: Mehr Tote im Mittelmeer, mehr Folter in Libyen, mehr illegale Pushbacks, Grenzgewalt und Leid auf der Balkanroute oder in der Ägäis. Frontex spielt eine zentrale Rolle in diesen Prozessen der Entrechtung und der Entwürdigung. Wir sagen JA zur Bewegungsfreiheit für alle und NEIN zu Frontex. Jetzt Unterschriftenbogen herunterladen, drucken, unterzeichnen: https://frontex-referendum.ch/
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