Solinetz setzt sich für die Freilassung einer schwangeren Flüchtlingsfrau aus Syrien ein

Mitte Juni erwartete eine Familie aus Syrien, die seit bald 5 Jahren hier in Zürich lebt, Besuch von ihrer Nichte, die vor kurzem einen Mann in der Türkei geheiratet hatte. Ihr Mann besitzt einen dänischen Pass und lebt schon lange in Dänemark, mittels eines Familiennachzuges holte er seine Frau dann zu sich. Die 22-jährige Frau ist im 7. Monat schwanger. Sie reiste für den Besuch zusammen mit ihrem Mann aus Dänemark in die Schweiz. Die Familie hier in Zürich freute sich sehr, ihre Verwandte nach 5 langen Jahren endlich wieder in die Arme schliessen zu können.

Sie konnten alle nicht ahnen, welche Methoden das Schweizer Ausländergesetz kennt, um syrische Flüchtlinge in der Schweiz zu empfangen. Am Bahnhof Winterthur wurde das Ehepaar von der Polizei kontrolliert. Da nur der Mann gültige Papiere hatte und die Frau bloss ein Einreisevisum nach Dänemark, nicht aber ihren Aufenthaltstitel im selben Land, den sie ja nach der Heirat in Kürze bekommen sollte, wurden die beiden auf den Polizeiposten mitgenommen. Leider hatten sie auch keinen Eheschein oder sonst ein

Papier dabei, das ihre Heirat beweisen konnte. Beide wurden infolge wegen illegalem Aufenthalt und illegaler Einreise in die Schweiz eingesperrt. Wenn die Frau gesagt hätte, sie wolle hier in der Schweiz ein Asylgesuch stellen, dann hätte man sie vielleicht laufen gelassen und auf Migrationsamt geschickt. Sie war aber ehrlich und hat gesagt, sie sei in Dänemark verheiratet und hier nur zu Besuch…

Die Eheleute mussten in getrennten Zellen übernachten. Für eine hochschwangere Frau ist eine Inhaftierung besonders belastend, zudem werden Flüchtlinge, die vor kurzem aus Syrien geflohen sind, fast zwingend traumatisierende Erlebnisse hinter sich haben. Vor ungefähr 2 Jahren nahm sich ein junger Kurde in einer Zürcher Einzelhaftzelle mit einem Leintuch das Leben. Kein Übersetzer war dort, um ihm zu erklären, warum er eingesperrt wurde – so geriet er in Panik. Vor einem Jahr hatte eine syrische Flüchtlingsfrau an der Schweizer Grenze eine Fehlgeburt und verlor ihr Kind. Beide Personen hatten keine gültigen Papiere für eine Reise in die Schweiz auf sich. Und beide wurden nach geltendem Gesetz gleich behandelt wie Kriminelle in U-Haft.

Die Geschichte der Fehlgeburt stand überall in den Zeitungen, die Empörung war gross. Doch Schuld war in beiden Fällen am Schluss niemand. Dies sind die legalen Methoden, damit nicht ein Flüchtling zu viel hier ankommt. Und dann reden Sie wieder davon, wie schlimm es sei, dass so viele Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken und dass man doch irgendwie helfen müsse – den vielen Flüchtlingen aus Syrien…

Nun, dieses Mal gab es Gott sei dank ein Happyend. Zum Glück suchte die syrische Familie Hilfe. Mutige Menschen in einer ganzen Kette von günstigen Abläufen konnten erreichen, dass die Frau nicht noch eine zweite Nacht in der Zelle verbringen musste.. Dazu gehören Aktivist/-innen des Solinetzes und der ASZ, dazu gehört eine Anwältin, die nicht lange zögerte und aktiv wurde und dazu gehört auch ein Polizist, der erreichen konnte, dass das Migrationsamt in Dänemark ausfindig machte, dass die Frau tatsächlich dort verheiratet ist. Sie wurde danach mit einer Ausreiseaufforderung völlig unbürokratisch entlassen. Und das alles kurz vor Feierabend!

Wenn es doch nur mehr Menschen gäbe, die sich einsetzen würden – auch mit zivilem Ungehorsam- damit die absurden, unsinnigen Gesetze nicht noch mehr Menschen leiden lassen! Und wenn man doch mehr den Menschenverstand walten liesse, anstatt strikte unsinnige Gesetze zu verfolgen oder solche überhaupt einzuführen.

Wir danken allen Beteiligten für ihren nicht selbstverständlichen, grossartigen und ehrenamtlichen Einsatz! Und wir danken auch allen anderen, die tagtäglich versuchen, das Unrecht und Leid ein klein wenig zu mildern, mit Engagement und zivilem Ungehorsam. Damit rettet Ihr manchmal sogar Leben!

Bericht: Alexandra Müller